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Schweiz, Meisterschwanden

2005

Ort

Haus

Wohnung

Personen

 

 

Fotos

Text

Meisterschwanden, Kanton Aargau
2200 Einwohner
Einfamilienhaus, Baujahr 1994
Eigentum
zwei Geschosse mit Mansarde und Mehrzweckraum im Keller, 326 m2
Urs (44), Finanzberater
Dorien (42), Lehrerin und Hausfrau 
Tim (10), Schüler
Noah (7), Schüler 
Lena (5)
Sabine Rock
Hanna Widmer

In einem grossen Haus am westlichen Dorfrand wohnt die fünfköpfige Familie. Urs ist Finanzberater mit eigener Firma, Dorien unterrichtet zu 50 Prozent eine Primarklasse, daneben ist sie Hausfrau und Mutter. Die beiden Söhne besuchen die erste und vierte Klasse der Primarschule. Lena, die Jüngste, ist meistens zu Hause, wenn sie nicht gerade in der Spielgruppe oder bei einer der Grossmütter ist. Die männlichen Familienmitglieder sind alle Fussballfreaks. Die beiden Jungen sind im FC Meisterschwanden aktiv, spielen Tennis und besuchen einen Englischkurs. Die Frauen mögen es ruhiger: Dorien malt in ihrer Freizeit gerne und lädt Freunde ein, Lena malt mit oder spielt mit ihren Puppen. Noch haben sie keine Haustiere, aber bald werden sie zwei Katzen bekommen. 

 

Im Sommer verbringen sie viel Zeit auf der Veranda oder im Garten. In den düsteren Wintermonaten ist es im Haus gemütlich, und für jeden ist genug Platz da: ob vor dem Cheminée oder Fernseher, beim Essen oder Vorbereiten, Haushalterledigen oder bei Playstation oder anderweitigem Spielen. Die meiste Zeit verbringen die Familienmitglieder am Esstisch, vor dem Fernseher, im Büro oder in den einzelnen Zimmern. Dazu zählt auch das grosse Mehrzweckzimmer im Keller, in dem auch das Gästebett untergebracht ist.
 
Im Sommer wird meist auf der Terrasse gegessen, im Winter am Esstisch im Haus. An beiden Orten werden in der Regel auch die Gäste empfangen. Zu Mittag gegessen wird jeden Tag um 12.15 Uhr, wenn Urs von der Arbeit und die Jungen von der Schule heimkommen. Am Abend gibt es keine feste Essenszeit, da oftmals Fussballtraining oder sonstige Aktivitäten Vorrang haben.

Dorien konnte sich nicht für einen Lieblingsgegenstand entscheiden und nennt gleich mehrere: Sie telefoniert leidenschaftlich gern, ebenso gern hält sie sich am Computer oder an ihrer Staffelei auf. Dagegen gibt sich Urs mit wenig zufrieden: Der Fernseher ist ihm am liebsten. Tims Favoriten sind Steine aller Art, während Lena am liebsten mit ihren Puppen spielt. Noah ist nur mit seinem Fussball richtig glücklich. 

Am besten gefällt der Familie die beneidenswerte Lage des Hauses mit dem Blick auf den Hallwilersee sowie das viele Licht. Für die Einrichtung und Gestaltung ist Dorien verantwortlich, Urs hat sie dabei unterstützt. Wichtig war ihnen ein offenes Haus, in dem die Möbel nicht zu viel Raum einnehmen und Kinder und Gäste genügend Platz haben.

Vor 15 Jahren – Dorien war damals schon als Lehrerin tätig – bewohnten sie zu zweit 4 1/2 Zimmer eines Neubaus in Uezwil. Die Schulhauswohnung sah dem heutigen Haus sehr ähnlich, auch diese hatte in der Mitte einen offenen Raum, die Zimmer befanden sich rundherum. Dorien verbrachte viel Zeit mit Lesen und Vorbereiten; oft wurden auch Kollegen eingeladen.

Die Familie hat momentan zwei Wohnwünsche: die Aussenwand streichen und das oberste Stockwerk ausbauen. Die Eltern könnten dann unters Dach ziehen, wo jetzt Noah wohnt, mit einem fantastischen Ausblick auf den See. Dorien würde auch in 15 Jahren gerne noch hier wohnen oder irgendwo, wo das Wetter besser und wärmer ist, eventuell sogar im Ausland – immer jedoch am Wasser.

2017

Ort

Haus

Wohnung

Personen

Fotos

Text

Meisterschwanden, Kanton Aargau 
2900 Einwohner
Einfamilienhaus, Baujahr 1994, Eigentum
4,5 Zimmer, 150 m2, auf zwei Geschossen und dazu Mansarde sowie ein Mehrzweckraum im Keller 
Dorien (55), Lehrerin 
Urs (56), Mitinhaber einer 
Beratungsfirma
Lena (17), Kantonsschülerin 
Hanna Widmer
Hanna Widmer

Die Familie ist in den letzten Jahren «geschrumpft»: Noah hat in den USA ein Fussballstipendium bekommen und wohnt in der Nähe von New York; Tim, der in St. Gallen studiert, verbringt das Erasmus-Semester in São Paulo in Brasilien. Dorien unterrichtet Teilzeit an einer Sportschule in der Nähe, Urs führt noch immer seine eigene Beratungsfirma, und Lena besucht die 2. Klasse der Kantonsschule.
 
Nebst forderndem Berufs- und Schulalltag bleibt dennoch Zeit für Hobbys. Seit sie am Samstag nicht mehr bei Noahs Fussballspielen dabei sind, flitzen Dorien und Urs auf ihren E-Bikes durch die Gegend, um zu zweit unbekannte Winkel in der Region zu erkunden. Beim Biken bleibt es nicht: Urs ist begeisterter Hobbykoch und kocht gern für Gäste. Beide lesen viel, und Dorien möchte endlich wieder mehr malen. Lena tanzt – Zumba und Hip-Hop – und spielt Volleyball. Nebst all dem ist und bleibt aber die Zeit mit der Familie und Freunden etwas vom Wichtigsten. Das Abendessen bleibt unter der Woche meist die einzige gemeinsame Mahlzeit. Kompensiert wird das am Wochenende: Dann werden wenn möglich alle Mahlzeiten gemeinsam eingenommen. Gar obligatorisch ist das «Znacht» am Sonntagabend. 

Die Freizeitgestaltung am Wochenende hat sich durch Noahs Wegzug verändert: Während früher am Samstag ganz selbstverständlich an den Fussballspielen des Sohnes mitgefiebert wurde, muss dieser Tag jetzt neu gestaltet werden.

 

Gäste empfangen sie am Esstisch, der gemeinsam mit der Küche das Epizentrum des Hauses bildet. Auch wenn der Nachwuchs Gäste einlädt, findet man diese häufiger in der Küche als in der eigentlich sehr einladenden Sofaecke. Wichtig am Wohnen ist ihnen, dass sie sich wohlfühlen und ein Gefühl des Zuhauseseins empfinden. Noah, der in der Nähe von New York sein Zimmer mit einem Fussballkumpel teilt, vermisst manchmal sein Zimmer – als Rückzugsort, als Zuhause. 

Am besten an der Wohnsituation gefallen noch immer die Nähe zum See und der Garten. Während es vor zwölf Jahren um einiges einfacher war, sich die Zukunft vorzustellen, ist das jetzt etwas schwieriger. Der Schritt von 55 zu 70 Jahren ist definitiv ein grosser. Dorien kann sich vorstellen, dann auch in Aarau oder Lenzburg zu wohnen. Urs will sich da nicht festlegen. Lena will bis dann eine gute Ausbildung absolviert haben und entweder schon eine Familie haben oder gerade eine gründen. Zudem möchte sie ihr eigenes Geld verdienen und eine tolle Wohnung haben. Wo genau, weiss sie nicht – da ist sie weltoffen. Vielleicht eher nicht in einer Grossstadt, da sie ja selbst auf dem Land gross geworden ist. Wohnträume gibt es eigentlich nicht viele: Nächstes Jahr wird die in die Jahre gekommene Fassade renoviert. Und ein Atelier zum Malen steht bei Dorien weit oben auf der Wunschliste.

2005

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2017

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2005 nahmen Jugendliche verschiedener Schulen im Kanton Aargau am Projekt «Türen auf» teil. Sie dokumentierten Wohnsituationen aus ihrer Umgebung und befragten dazu Nachbarn, Verwandte und Freunde. Hanna Widmer, damals Schülerin der Kantonsschule Wohlen, interviewte zusammen mit einer Freundin die Familie derer Patentante.

 

Der Kanton Aargau, im Schweizer Mittelland zwischen Basel und Zürich gelegen, ist eine Region, die seit Jahrzehnten eine aktive Wohnentwicklung aufweist. Meisterschwanden liegt am Hallwilersee im Kanton Aargau. In der Gemeinde wohnen entweder Leute, die schon seit eh und je dort leben, oder wohlhabende neu Hinzugezogene, denn das Land ist extrem teuer. Das Dorf liegt in einer ruhigen Gegend und stösst an den See. Die beiden Seehotels, die Strandbäder, der Campingplatz und die am Wasser gelegenen Gaststätten locken vor allem im Sommer zahlreiche Gäste an. In der Regel haben die Dörfer intakte historische Kerne, um die herum Einfamilienhauszonen und Wohnüberbauungen sowie Grosssiedlungen entstanden. Die Einfamilienhäuser in Meisterschwanden wurden in den Neunzigerjahren für Familien mit kleinen Kindern gebaut. 

Zwölf Jahre später waren wir neugierig, was aus der Familie mit ihren heute unterdessen erwachsenen Kindern geworden ist und wie ihre Wohnsituation heute aussieht. Hanna Widmer, inzwischen Lehrerin im Kanton Zürich, teilte diese Neugier mit uns und stellte den Kontakt wieder her. Die beiden Brüder lebten zum Zeitpunkt des Interviews in Brasilien und den USA und waren bereit, dort ihre Türen zu öffnen. Dank Internet und Handyfotos war es ihnen möglich, am Projekt teilzunehmen und einen interessanten Einblick in ihre Wohnsituationen auf der anderen Seite des Atlantiks zu ermöglichen. 
 

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